„Wenn wir am Morgen in die Schule kamen, stand meistens Paula Fürst da und begrüßte jeden von uns mit dem Namen. Ich erinnere mich sehr gut an sie. Sobald wir in der Schule waren, fühlten wir uns geborgen und sind gern noch viele Stunden nach Schulschluss dort geblieben.“
Ruth Lack, USA
Paula Fürst wurde am 6.August 1894 in Glogau (Schlesien) geboren. Mit ihrer Mutter siedelte sie 1906 nach Berlin über, wo sie eine „Höhere Töchterschule“ besuchte. Anschließend machte sie eine Lehrerinnen-Ausbildung, die sie 1914 abschloss. Sie studierte danach Französisch und Geschichte an der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität, wo sie über Clara Grunwald mit der Montessoripädagogik in Berührung kam. Diese studierte sie in Rom und Berlin und schloss die Ausbildung mit dem Montessori-Diplom ab. 1926 übertrug man ihr die Leitung der ersten Montessori-Klasse in Berlin.
1933 wurden nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten alle Reformpädagogischen Schulen geschlossen, Paula Fürst verlor zudem auf Grund ihrer jüdischen Herkunft ihre Stellung als Lehrerin. Noch im gleichen Jahr wurde sie Direktorin der privaten, jüdischen Theodor-Herzl-Schule, die durch die Diskriminierung der Juden einen regelrechten Ansturm erlebte.
Diese Schule war, selbst aus heutiger Sicht, sehr modern.
Es gab einen intensiven Austausch zwischen Lehrern und Schülern, es gab eine Elternvertretung und die Kinder wurden individuell gefördert. „Das war damals etwas ganz besonderes“ so Martin-Heinz Ehlert, der die Biographie von Paula Fürst verfasst hat. Am 9. November 1938 wurden alle jüdischen Geschäfte und Einrichtungen in einem beispiellosen Pogrom verwüstet, zerstört oder in Brand gesetzt. Dies traf auch die Schule von Paula Fürst. In Erinnerungen ehemaliger Schülerinnen und Schüler wird beschrieben, wie fürsorglich und warmherzig sie sich auch unter diesen schrecklichen Umständen um jedes einzelne der verzweifelten Kinder kümmerte. Nach dieser Nacht fand bis zur offiziellen Schließung der Schule im März 1939 kaum noch regulärer Unterricht statt.
In den kommenden Jahren übernahm Paula Fürst die Leitung der Schulabteilung in der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“. Trotz chaotischer Rahmenbedingungen gelang es ihr, das jüdische Schulwesen so zu stabilisieren, so dass eine kontinuierliche schulische Ausbildung jüdischer Schüler gewährleistet war.
Nachdem ab 1941 auch deutsche Juden systematisch in Konzentrationslager deportiert wurden, wurde die Schließung sämtlicher jüdischer Schulen in Deutschland verfügt. Zu diesem Zeitpunkt weilte Paula Fürst jedoch schon nicht mehr in Berlin. Sie wurde am 26. August 1942 mit 50 weiteren MitarbeiterInnen der „Reichsvereinigung“ in ein Konzentrationslager in Osteuropa deportiert und dort ermordet.
Uns ist es eine Ehre, in unserer Schule das Andenken dieser großen Pädagogin und Humanistin zu bewahren, auch wenn wir an unserer Schule nicht nach Montessori-Pädagogik unterrichten.
Quellen:
• Manfred Berger: Paula Fürst – eine in Vergessenheit geratene Montessori-Pädagogin, in: Zeitschrift für Montessori-Pädagogik, 2005/H. 3, S. 147 ff.
• Martin-Heinz Ehlert: Paula Fürst. Aus dem Leben einer jüdischen Pädagogin. Berlin, 2005
• Wikipedia : Paula Fürst